Christian Boltanski. Editionen.

Unsere Ausstellung ist eine Verneigung vor dem im Juli letzten Jahres verstorbenen großen französischen Künstler Christian Boltanski. Wir zeigen ausgewählte Editionen, in denen verschiedene Aspekte seines Schaffens zum Vorschein kommen.

Die Kunst Christian Boltanskis, der 1944 in Paris geboren wurde, ist geprägt von der Erinnerung an den Holocaust und der Rekonstruktion der eigenen Vergangenheit. In den engen halbdunklen Räumen, die er in seinen Installationen schuf, mit den Requisiten, die anonym auf Menschen und ihre Schicksale verwiesen, den muffigen Kleiderbergen, den gestapelten Zinkkisten und den patinierten Schwarzweiß-Fotografien kreierte er eine bedrückende Atmosphäre persönlicher Betroffenheit, die schwer erträglich ist. Diese Installationen sind zu Ikonen der Gedächtniskunst geworden.

Dabei agierte er auch subversiv, denn in einer seiner wichtigsten Arbeiten, der aus 1200 Fotos bestehenden Installation Menschlich aus dem Jahr 1994 mischte er unter die Portraits der verstorbenen Opfer auch Bilder von deutschen Soldaten und SS-Leuten, von Tätern. Im Rahmen seiner Ausstellung im Kunstmuseum Wolfsburg 2013 sagte Boltanski dazu: „Ich weiß nicht mehr, wer Täter und wer Opfer ist. Es ist nun mal so, dass ein Mann sein Kind lieben und zugleich ein fremdes Kind töten kann. Jeder hat das Zeug dazu, sich von Zeit zu Zeit in einen Teufel zu verwandeln. Doch auch der Teufel macht manchmal eine Pause.“ – Ein Kommentar zu den Schrecken des Krieges, der nun leider wieder hochaktuell geworden ist. Boltanski hatte selbst ukrainische Wurzeln, und sein künstlerisches Statement werden wir in diesen Zeiten vermissen. In der Ausstellung sind signierte Photogravüren und Lithographien zu sehen, die in kleiner Auflage ediert wurden.

Christian Boltanski. Editionen.
Eröffnung: Freitag, 6. Mai 2022, 19 Uhr
7. Mai – 18. Juni 2022